CCTF | Classic Car Team Franken

Geschrieben von Bernd Woytal am . Veröffentlicht in Berichte Mitgliederfahrzeuge.

Restaurierung: Corvette Sting Ray Convertible

In den 60er Jahren wollte sich Franz Mühlbauer eine Corvette kaufen. Doch ein anderer schnappte sie ihm vor der Nase weg. Fast 40 Jahre später stieß er auf genau dieses Auto. Er kaufte und restaurierte es gemeinsam mit seinem Sohn. Wenn am Himmel schwarze Wolken aufziehen, wird Franz Mühlbauer nervös - zumindest dann, wenn er mit seiner Chevrolet Corvette Convertible unterwegs ist. "Seit seiner Restaurierung hat der Wagen noch keinen Regen gesehen", sagt der Auto-Fan.

Erste Begegnung 1967 - Urlaub verhindert Schnäppchen

1967 sah Mühlbauer eine Corvette, die er bei einem Opel-Händler stehen sah. Der Besitzer, ein amerikanischer Offizier, hatte in der Werkstatt eine größere Reparatur durchführen lassen und konnte nicht zahlen. Für rund 6.000 Mark hätte man die 65er Corvette Convertible auslösen können - eine Gelegenheit, die Mühlbauer natürlich nicht ungenutzt lassen wollte. Doch zunächst musste er verreisen. Als er zurückkam, war der Wagen weg.

Die Begeisterung für Autos aus Amerika erlosch deshalb nicht. Verständlicherweise blieb auch der zwei Jahre später geborene Sohn Marcus davon nicht verschont. Der fühlte sich im Innenraum des gigantischen väterlichen Cadillacs so wohl wie in seinem Kinderzimmer. Und so etwas prägt.

Während einer Lehre bei der US Army zum Automechaniker suchte er Jahre später wieder den Kontakt zu den großvolumigen Automobilen - er entschied, diese Beziehung noch zu intensivieren. So reiste er schon bald über den großen Teich und arbeitete in Werkstätten in den USA und später in der Schweiz. 1992 nutzte er dann die Gunst der Stunde. Als die US-Truppen in Nürnberg abzogen, übernahm er deren komplette Werkstattausrüstung und machte sich selbstständig.

Das sprach sich schnell herum, es entwickelten sich interessante Kontakte. Und dann geschah jene fast unglaubliche Geschichte. Ein befreundeter Feuerwehrmann erzählte von einem Einsatz in einem Hinterhof in Fürth, wo er eine alte Corvette entdeckt hätte. Vater und Sohn Mühlbauer waren sofort interessiert und machten sich auf den Weg dorthin.

Metamorphose: In 40 Jahren zum Swimming-Pool

Das Fahrzeug, das dort seit vielen Jahren im Freien vor sich hingammelte, und dessen Innenraum sich in einen Swimming Pool verwandelt hatte, entpuppte sich als genau jene Corvette, die Franz Mühlbauer vor fast genau 40 Jahren durch die Lappen gegangen war.

Für ihn gab es deshalb kein Halten mehr. Jetzt musste er das Auto haben, ganz gleich, wie es aussah. Sein Sohn versuchte erst gar nicht, ihn zu bremsen. Ganz im Gegenteil, er fand die Idee prima - schließlich besaß er ja die besten Voraussetzungen, um die Corvette wieder herzurichten. Obwohl er im Nachhinein zugeben muss: "Noch einmal würden wir das nicht mehr machen."

Auf die Restaurierungsmannschaft, bestehend aus seinem Vater, seinem Onkel Delmon, einem geschickten Elektriker und ihn selbst wartete eine wahnsinnige Arbeit. Zuerst zerlegten sie das Auto in alle Einzelteile bis hin zur Uhr im Cockpit.

Besonders die Kunststoff-Karosserie verschlang sehr viele Arbeitsstunden, denn der Vorbesitzer hatte die Radläufe ausgeschnitten und mit Hilfe von einlaminierten Dachlatten Kotflügelverbreiterungen angefertigt. Mühsam mussten diese Missetaten wieder rückgängig gemacht werden. Das dauerte auch deshalb recht lange, weil man kein unnötiges Risiko eingehen wollte und nach jedem Arbeitsgang den Lösungsmitteln genügend Zeit zum Verdunsten ließ.

Überraschend gesund präsentierte sich der Rahmen nach dem Sandstrahlen. Er musste nicht geschweißt werden, sondern es genügte ein von Grund auf neuer Lackaufbau. Die Mühlbauers gingen dabei mit Akribie ans Werk und entwickelten schließlich den Ehrgeiz, mit den damaligen Corvette-Monteuren im Werk gleichzuziehen.

So fanden sie nach eingehendem Studium entsprechender Literatur beispielsweise heraus, welche Beschriftungen auf den schwarz lackierten Rahmen gehörten (siehe Foto oben auf der vorherigen Doppelseite). Die sichtbaren weißen Zahlen stehen dabei auf dem Kopf, weil die Rahmen beim Montieren damals falsch herum lagen.

Die Nadel im Heuhaufen gefunden

Wie seinerzeit üblich brachten sie sogar am Rahmen Kreidestriche an. Deren Zahl gibt darüber Auskunft, wie viele Unterlegscheiben an den einzelnen Befestigungspunkten zwischen Karosserie und Rahmen gekommen sind, damit alles sozusagen im Lot ist. Die mit Recht von Stolz erfüllten Restaurierer konnten dann letztlich nicht widerstehen, zusätzlich auf dem Rahmen ihre Namen sowie das Datum der Restaurierung zu verewigen.

Darüber hinaus wartet die Corvette noch mit weiteren kleinen Abweichungen vom Original auf - wie beispielsweise einer längeren Hinterachsübersetzung. Doch diese durchaus übliche Modifikation verbessert entscheidend die Reisetauglichkeit auf deutschen Autobahnen und schützt den komplett überarbeiteten V-Achtzylinder vor hohen Drehzahlen, was der Lebensdauer natürlich zugute kommt.

Auch die Farbe entspricht nicht mehr dem Original. Franz Mühlbauer entschied sich für Silber statt Blau. Ach ja, und dann gab es noch die Geschichte mit dem Lenkrad. Mühlbauer fand, dass ein rotes Lenkrad besser mit der roten Innenausstattung harmonieren würde. Der Teilespezialist, den sie zwei Mal in den USA aufsuchten, winkte ab, "nicht zu bekommen, und wenn, dann nur für sehr viel Geld".

Doch der Zufall wollte es, dass Franz Mühlbauer über einen riesigen Teilemarkt in Amerika schlenderte und plötzlich bei einem Anbieter ein merkwürdig dunkles Corvette-Lenkrad auf dem Boden liegen sah. Er bückte sich danach und stellte fest, dass eine dicke Schmutzschicht am Kranz haftete - und die Farbe darunter war rot. Für 40 Dollar konnte er es mitnehmen.

So kam eine weitere wundersame Geschichte zu denen, die Mühlbauer mit dieser Corvette verbindet. Er fährt sie übrigens ausschließlich mit Hardtop, obwohl er stets den Regen meidet. Einmal flüchtete er deshalb sogar in ein Hotel und übernachtete dort, bis das feuchte Wetter weitergezogen war. Zum Glück blieb es bei unserem Fototermin trocken. Es wäre doch schade gewesen, wenn diese Geschichte ins Wasser gefallen wäre.

Quelle: Motor Klassik | Autor: Bernd Woytal | Fotos: Fact

 

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